Die Wochen-Jukebox Vol. 1

Bildschirmfoto 2020 06 13 Um 14 30 51 Benedikt Sartorius. Journalist und Popkulturist.

Zum Fast-Wochenanfang anstelle zur Wochenmitte: Einige Alben und Tracks, die ich höre.

Space Afrika: «hybtwibt?»

Knapp zwei Stunden dauert die Sendung «hybtwibt?», die dieses Dub-Techno-Duo aus Manchester Ende Mai für NTS zusammengestellt hat. Nun haben Space Afrika diese Collage aus Strassenprotesten, die von der Polizei mit Tränengas und anderen Waffen gewaltsam unterdrückt werden, aus Soul- und Rap- und Gospelfragmenten, Stimmen aus den Black Communities sowie industriellen Computernoises zu einem halbstündigen Stück kondensiert. Hört zu, wenn möglich die ganzen zwei Stunden (feat. u.a. Klein, Clipping oder Kendrick Lamar).

Deerhoof: «Future Teenage Cave Artists»

Wie hält sich eine Band wie Deerhoof in Bewegung? In dem sie sich öffnet, wie auf dem letzten Album «Mountain Moves», u.a. mit Xenia Rubinos und Juana Molina – und nun mit neuer Entschlossenheit wieder zurückgegangen ist in ihre Höhle. Dort haben Satomi Matsuzaki, Greg Saunier, John Dieterich und Ed Rodriguez eines ihrer bislang besten, weil dringlichsten Alben aufgenommen. Eines, das sehr hoffnungsfroh startet und mit Noises und anderen Dissonanzen die Stimmungen der momentan Weltlage spiegelt. Natürlich: Man kann das noch immer mit Naivität verwechseln (auch weil die Tracktitel das so anbieten), aber wer bis zum Klavierschluss zuhört, weiss: hier gehts um sehr viel.

Igor Levit: «The People United Will Never Be Defeated!»

Wie weiter nach Deerhoof? Beispielsweise zu «The People United Will Never Be Defeated!» des amerikanischen Komponisten Frederic Rzewski, gespielt von Igor Levit. Das Stück besteht, so heisst es im «New Yorker»-Porträt zu Levit, aus 36 Variationen von «El pueblo unido jamás será vencido», einem Protestlied gegen das Pinochet-Regime in Chile. Hier, ein Auszug (den Rest gibts bei den Streamingdiensten oder im CD-Laden), «with determination».

Armand Hammer: «Shrines»

Oder auch zum Rap-Duo Armand Hammer, das mit «Shrines» eines der radikalsten Alben des laufenden Jahres veröffentlicht hat. Im aktuellen «Wire» steht: «This is music born out of the blood and bones of history and inextricably tied to our collective desire for survival, resistance and liberation.»

Upsammy: «Zoom»

Heller, und allenfalls gar zur Weltflucht geeignet, ist das Debüt der holländischen Produzentin Thessa Thorsing. Denn die Sounds können tropfen – nicht nur im bereits veröffentlichten «It Drips». Aber sie bewegen sich auch nach vorne, zur Seite, hin zu immer neuen Morph-Formen, die man vielleicht in der Natur so finden kann, aber nur dann, wenn man sich mit dem Heavy-Objektiv heranzoomt. Und bei aller Wandelbarkeit der Sounds und hellen Glockentönchen: In dieser fantastischen Warp-Zone verflüchtigt sich nichts.

Anstelle einer Aufdatierung der Playlist, noch einmal die Radio-Bollwerk-Sendung aus dem Berner Schlachthaus.

Radio Bollwerk · Benedikt Sartorius | Out Of Tune #6 - Radio Bollwerk - 09.06.2020

Jeden Sonntag: Der Popletter «Listen Up!» mit Platten, Konzerten und Lesestücken. Hier gehts zum Abo.

Zurück zum Blog

comments powered by Disqus