Low: «HEY WHAT»
«HEY WHAT», immer und immer wieder: Das neue Low-Album ist enorm.
Für einmal können all die Kapitale im Albumtitel oben stehen gelassen werden, weil an jenem Freitag mitten im Monat September fanden sich sehr viele beinahe ungläubig vor ihren Musikanlagen wieder, und hörten Noises und Sounds, die sie so noch nie gehört haben. Es sind abstossende, komprimierte Sounds, mit denen das Low-Ehepaar Alan Sparhawk und Mimi Parker schon seit längerem experimentieren, zuletzt auf dem definitiven Anti-Trump-Album «Double Negative», das bei aller Widerspenstigkeit und Abstraktheit immer auch tröstend sagte: ein besseres Zusammenleben wäre möglich.
«HEY WHAT» ist nun noch radikaler, konzentrierter auch, fällt ins Bodenlose, und steigt dann kurz weit hinauf, etwa in der Single «Days Like These». Das nimmt natürlich schon fast ersatzreligiöse Dimensionen an, zumal dann, wenn alles so still wird wie einst in jenen fernen Zeiten vor beinahe dreissig Jahren, als Low mit ihren Lullabies zum ersten Mal zu hören waren. Die Stille hier, die prekäre Schönheit in den zweistimmigen Gesängen: sie kündigen bereits den nächsten Sturm, die nächste Wucht an. Und wir sitzen vor unseren Musikanlagen oder wandern mit dem Kopfhörer durch die Gegend, wischen vielleicht eine Träne aus dem Gesicht, blicken uns um, ob dieses Monster uns gleich überholt hat und suchen nach Zuflucht. Aber weglaufen? Geht schlicht nicht. Ein enormes Album.
Low: «HEY WHAT» (Sub Pop/Irascible)
Live: 13.5., Les Docks, Lausanne; 14.5., Mascotte, Zürich