Car Seat Headrest: «Making a Door Less Open»

Bildschirmfoto 2020 04 29 Um 09 13 16 Benedikt Sartorius. Journalist und Popkulturist.

Neu mit Maske: Will Toledo und seine Kollegen veröffentlichen ihre ersten neuen Car-Seat-Headrest-Songs seit vier Jahren.

Sieht aus wie Darth Vader oder eine hochgetunte Fliege, leuchtet aber lustiger: Will Toledo trägt nun eine Maske. Wer ihn damals auf der Bühne gesehen hat, vor vier Jahren an der Bad Bonn Kilbi, als sehr scheuen und beinahe klapprig-schmalen Buben, kann das ja auch verstehen. Denn mit einer Rüstung wagt man sich mehr, man kann auch einmal aus der Haut fahren und natürlich: sich hinter einem Alter Ego verstecken.

Die Maske ist gegenwärtig nicht die ungezwungenste Verkleidung. Aber «Making a Door Less Open», wie das neue Album von Toledos Songvehikel Car Seat Headrest heisst, nun auf die Gegenwart abzuklappern, funktioniert wie so viele nun erscheinende Songs nicht. Weil die Musik weit früher entstanden ist, zwischen 2016 und 2019, und als dann, als Will Toledo und seine Kollegen in nerdhafter Manier an «Trait» bastelten, wie seine maskentragende Figur heisst. Sie programmierten ein Game, veröffentlichten zwei EDM-Alben auf Bandcamp als 1 Trait Danger, experimentierten zwanglos mit all dem Zeug, das im Internet rumfliegt. Höherer Schwachsinn? Ja, natürlich, wie etwa auf dem «World Tour»-Album nachzuhören ist, in dem sie ein Festival simulieren – mitsamt Bowie-Hologramm.

Das neue Car Seat Headrest-Album ist nun natürlich kein postpubertärer Witz, dafür ist Toledo bei aller Scheu auf der Bühne ein viel zu ehrgeiziger Musiker. Einer, der nach der Bekanntgabe seiner Masken-Pläne in den Büros seines Labels Matador eine Power-Point-Präsentation über das nun erschienene Album gehalten hat, wie es im «New York Times»-Porträt heisst. Und der mit seinen Produktionen mit den Coachella-Headlinern mithalten will. Die Türe zum Indie-Schlafzimmer? Ist nun weit weniger offen als in der Vergangenheit.

Trotz diesen Zielen: den «nervous young man» von einst hört man immer noch durch, gleich zu Beginn etwa, wenn es sich der bald 28-Jährige überlegt, unter die Gewichtheber zu gehen. Oder gleich darauf, in der Single «Can't Cool Me Down». Bis zum Panikanfall ist es da nicht mehr weit, selbst wenn die Sounds nun weit cooler und elektronischer klingen.

Was aber mit dem neuen Album wegfällt, ist das Abgleichen mit seiner Biografie, das zum Missfallen von Toledo in der Vergangenheit immer wieder versucht wurde. Überhaupt, so schreibt er im Text zum Album, soll «Making a Door Less Open» eine Sammlung von Folksongs sein, die man in seiner eigenen Version nachspielen kann (es muss ja nicht gerade das sehr plumpe «Hollywood» sein). Die Themen seien ja universell, also Wut wegen den gesellschaftlichen Umständen, Kranksein, das Alleinsein, die Liebe. Und so kann man sich dann reindrehen, in die ausufernde Erzählung von «There Must Be More than Blood», in das fast schon friedliche «Martin», man kann weiterskippen, bleibt aber doch hängen in seinen kuriosen Songs, die in Online-Foren so rege diskutiert werden.

Ein solcher Song ist «Famous», in dem die Euphorie der Synths mit Toledos niedergeschlagenen Worten gebrochen wird: «I’m tired of coming home sick/ Someone will care about this/ Please let somebody care about this», singt er. Da hilft dann auch eine Maske nichts.

A2320259247 10 Benedikt Sartorius. Journalist und Popkulturist.

Car Seat Headrest: «Making a Door Less Open» (Matador/MV)

Fotocredit: Carlos Cruz

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