Avey Tare: «Eucalyptus»

avey-tare-eucalyptus-main Benedikt Sartorius. Journalist und Popkulturist.

Avey Tare singt auf seinem berückenden Soloalbum wieder «Campfire Songs», oder zumindest klingen die frühen akustischen Folkexperimente des Animal Collective auf «Eucalyptus» nach.

Der Hochsommer ist vorbei, doch die Morgen, wenn man sie früh erwischt (was ich leider des öfteren tun muss), sie sind zwar kühl, versehrt mit den Schatten der Nacht, doch sie scheinen goldig. So reibe ich mir den Schlaf aus den Augen, und höre für einmal Musik, weil «Eucalyptus» des Animal-Collective-Mitglieds Dave Portner (aka Avey Tare) vertont genau diese Stunden, bevor es aufgeht zur Arbeit, oder auf eine Wanderung, raus in die Natur also.

Die hyperaktiven und bis zum Overkill vollgestopften Songs, zu der seine Gruppe in letzter Zeit neigte, sind auf diesem Album denkbar fern. Eher wirkt da die frühe Phase des Animal Collective nach, als der erste Sturm vergangen war, als sie ans Lagerfeuer zottelten, und erst «Campfire Songs», dann «Sung Tongs» und noch später «Feels» aufgenommen haben, Lieblingsmusik meinerseits also. Oder auch die jüngste Veröffentlichung, «Meeting of the Waters», für die Avey Tare und Geologist ins Amazonasgebiet reisten.

«Eucalyptus» setzt auf Stimmungen, gespielt mit akustischen Gitarren, offen angeschlagen, fein gezupft auch, angereichert mit Soundmanipulationen, die dem Album eine traumhafte Geisteraura verleihen. Da und wann entstehen lockere Popsongs, doch wo genau die Grenzen zwischen den Tracks liegen, ist eigentlich egal. So wie auch die Grenzen zwischen Nacht und Morgen hier nicht genau gezogen sind.

«Eucalyptus» sei sein kalifornisches Album, heisst es: Das Unbeschwerte klingt dann doch nicht so leicht, die Dämonen lauern – und von den Bergen ist es dann eben auch nicht weit ans Meer, wo man noch ein letztes Mal zu den gefährdeten Korallenlandschaften taucht. Aber eben: Ich bin nur hier, in der Küche, während sich draussen der schattenlose Tag doch noch abzeichnet, gestärkt mit dieser wunderbaren und fragilen Musik. Jetzt aber: Rausgehen.Es soll dort schon auch schön sein.

Avey-Tare-Eucalyptus-Art Benedikt Sartorius. Journalist und Popkulturist.

Avey Tare: «Eucalyptus» (Domino). Das Album ist auf Aveys Website streambar.

Live: 16.11., Rocking Chair, Vevey

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