Deerhoof: «Future Teenage Cave Artists»
Draussen zerbröselt vieles, und Deerhoof haben den Soundtrack dazu: «Future Teenage Cave Artists» ist ein Album am Puls der Zeit.
Eine Band in Bewegung zu halten, ohne die Handschrift an den Zeitgeist und die Haltung zu verlieren: Das ist nicht ganz einfach. Wie all das funktionieren kann, ganz ohne Anbiederungen, sondern stur und doch spielerisch leicht: das zeigt die Gruppe Deerhoof im bereits 27. Jahr ihrer Karriere. Das hängt natürlich auch mit ihren fantastischen Konzerten zusammen.
Da sind aber auch ihre Platten, auf denen die Band von Schlagzeuger Greg Saunier, der Sängerin und Bassistin Satomi Matsuzaki und den beiden Gitarristen John Dieterich und Ed Rodriguez ihren im weitesten Sinne Noise-Rock ständig weiterentwickeln. Und wenn das eigene Bandgefüge bei allem Abenteuergeist für einmal zu eng wird, öffnen sie die Gruppe – und holen Gäste wie Juana Molina oder die Stereolab-Sängerin Laetitia Sadier dazu, so, wie das auf ihrem letzten Album «Mountain Moves» geschehen ist.
Nach dieser Ausweitung ist das fünfzehnte Album «Future Teenage Cave
Artists» wieder zu viert entstanden. Man hört sehr viele sehr disparate
Tonspuren, die auch davon erzählen, dass die Bandmitglieder längst an
verschiedenen Orten wohnen und aus ihren Zimmern und Kellern und Studios
– lange vor dem Lockdown – die Files hin und her schickten. Da funkelt
oder attackiert eine Gitarre, das Schlagzeug von Greg Saunier rumpelt,
es gibt Plattennadeln, die in den Auslaufrillen einer LP feststecken,
und natürlich arge Verzerrungen und zarte Gesänge. Sich diesen Weg durch
die verschiedensten Sound-Fragmente zu bahnen: Das ist eine der grossen
Freuden dieses Albums, das mit dem hoffnungsfrohen Titelstück anhebt,
sich auch immer wieder verläuft im Labyrinth der Noises, aber immer neue
Auswege findet. Bis zum Schluss eine Klaviermelodie hereinweht, die der
Schwere der Gegenwart entspricht.
Überhaupt: «Future Teenage Cave Artists» mag zuweilen nach Klangcollage klingen, doch die Platte entfaltet eine dringliche Kraft, die auch daran erinnert, wie viel ausserhalb der Höhlen am Zerbröseln ist und welch destruktiven politischen Kräfte – nicht nur in den USA – an der Macht sind. Dass auch ein Virus auf dem bereits im Januar gezeichneten Cover zu sehen ist: das passt dann beinahe schon beängstigend gut zu einem Album am Puls der Zeit.
Deerhoof: «Future Teenage Cave Artists» (Joyful Noise)