Deerhoof: «The Magic» & Clippremiere

Bildschirmfoto-2016-08-30-um-10.18.37 Benedikt Sartorius. Journalist und Popkulturist.

Die Gummiball-Band Deerhoof schreddert auf ihrem neuen Album «The Magic» die Rockgeschichte. Und natürlich tut sie das auf ihre ureigene, fantastische Weise.

Wieso ist Deerhoof eigentlich so eine gute Band? Das ist gleich zu Beginn von «The Magic» nachzuhören. Wie Greg Saunier, Satomi Matsuzaki und die beiden Gitarristen John Dieterich und Ed Rodriguez in drei Minuten vom Rodeorockriff über die verträumten Breaks bis hin in die sinistre, schwerelose Atmosphären surfen – ohne zu posen, sondern mit ansteckender Spielfreude – ist schlicht unerhört frisch und unverbraucht und wenn es nicht schon längst so wäre, dann wären Deerhoof alleine dank «The Devil and His Anarchic Surrealist Retinue» eine neue Lieblingsband.

Und es geht beinahe so weiter: Das anschliessende «Kafe Mania!» ersetzt die tägliche Kaffeeration, ehe Deerhoof in «That Ain't No Life For Me» in die Punkgarage ziehen. Denn die Band, das ist eine Bande von Fans der verschiedensten Musiken und Epochen, Phasen und Mikrokosmen der Rockgeschichte. Und wenn man so will, ist «The Magic» ihr Rockgeschichtsalbum, das Einflüsse vom Glammetal bis Punkrock durch die Deerhoof-Jukebox schreddert.

Deerhoof ist nicht nur die Band mit der kindlichen Freude an der Musik, sie ist dann doch ernster und weniger weltabgewandt, als immer beschrieben. Davon zeugt nun auch das neue Video zu «Learning to Apologize Effectively» – realisiert von den Filmemachern Manuel Müller und Ulrich Kalliske in Kooperation mit Alexandra Riedel – in dem Kriegsschiffe und -flugzeuge, Flüchtlingsboote, Grenzzäune, Kreuzfahrtschiffe etc. auftauchen, und mit dem Konsumwahn und der Gier nach immer mehr kollidieren. Ferien am und cruisen auf dem Mittelmeer während humanitären Katastrophen? Kein Problem, leider.

So gibt denn «The Magic» nicht nur «Plastic Thrills» und ist viel mehr als nur eine Fingerübung einer Band, die sich (und zumindest mir) nun wirklich nichts mehr beweisen muss. Anstelle weiterer Fanworte gibts diesen Liebesbrief zu hören...

... sowie ein toller Mix (in der Hoffnung auf ein Deerhoof-Footwork-Album):

deerhoof-the-magic-new-album Benedikt Sartorius. Journalist und Popkulturist.

Deerhoof: «The Magic» (Altin Village & Mine)

Deerhoof sind im September auf Tour durch Europa, leider ohne Schweizer Datum. Aber zum Glück gibts das Bieler Earweare, das eben sein Jubiläumsprogramm veröffentlicht hat. Und dort werden Deerhoof im Februar 2017 aufspielen. Grossartig.

Zurück zum Blog

comments powered by Disqus