!Bad Bonn Kilbi 2022!
Alles, was hilft gegen die Schockstarren: Ein paar Vorfreuden der diesjährigen Bad Bonn Kilbi. Plus: ein neuer Netz-Platz, yes.
Beatrice Dillon
Neue Workarounds mussten sich in den vergangenen Jahren wohl alle irgendwie aneignen. Und es bleibt ja auch allzu vieles offen, im Guten wie im Schlechten. Im Guten weitoffen und ja, auch dehnbar und flexibel, doch gänzlich ohne Neoliberalismen, sondern schlicht neugierig, bleiben jedenfalls die «Workaround»-Tracks von Beatrice Dillon, die vor zwei Jahren erschienen sind. Welche Kurven sie bei ihrem Kilbi-Auftritt am ersten Festivaltag nehmen werden?
Loraine James
Das schrieb ich zu «Reflection», dem letztjährigen Album von Loraine James:
«Der erste Track auf diesem Album heisst ‹Built to Last›, und es ist
genau das, was diese Reflektionen über die inneren und äusseren
Gegenwarten ausmachen: Aus dem Moment formuliert Loraine James bei allen
Selbstzweifeln neue Club- und Popvisionen, die weit strahlen.»
Was sie nun verfolgt? Beispielsweise ihr neues Projekt Whatever the Weather.
Big Joanie
Stephanie Phillips hat im vergangenen Jahr ihr Buch «Why Solange Matters» veröffentlicht, in dem sie auch über Appropriationen, musikjournalistische Zuschreibungen und gegen die «Whiteness of Indie Rock» anschreibt. An der Bad Bonn Kilbi tritt sie mit ihrer Band Big Joanie auf, die sich so beschreiben: «similar to The Ronettes filtered through ’80s DIY and Riot Grrrl with a sprinkling of dashikis». Los zu diesen Songs.
Still House Plants
Zweimal blinzeln sollte man hier nicht. Denn gleichzeitig wie Black Country, New Road spielen im Haus Still House Plants aus Glasgow, und damit eine der freiesten und furchtlosesten Bands der Gegenwart. Auch eine dringend nötige Fast-Edit-Energie, die mich durch die vergangenen beiden Jahren jagte, zum Glück.
Curl
Weiter mit besten freien Formen und Geistern: Curl sind Mica Levi und Coby Sey und Brother May, und vielleicht dann noch mehr. Wer sich von dieser Musik frustieren lassen sollte? Besser reintanzen.
Dry Cleaning
«Simple pimple
Stomach stab»
Und was machen wir nur mit den ungegessen Würsten? Haha, aber so gehen halt mal die Catchphrasen von Dry Cleaning, etwa im unschlagbaren «Leafy». Ich werde meine Stelzen auspacken und bis dahin alle Texte memorisieren. Aber mitrezitieren, wenn Florence Shaw ihre Sätze über die strangen Gitarrenwaves formulieren wird? Nur keine Angst.
Model Home
Jetzt aber endlich weg von der Insel, obwohl Billy Nomates und Squid ja auch noch dringend erwähnt werden sollten, und gleich über den Atlantik nach Washington DC zu diesem Duo und neuen Experimenten in Rap-Form. Bis zur Unendlichkeit.
Gabber Modus Operandi
Zum Glück ist nun fertig gestreamt, deshalb kommen Gabber Modus Operandi mit der vollsten Dröhnung an Irrsinn, die bis zum schwachsinnigen Strahlen führt. Aber natürlich: ihre Sets sind schlauer und genauer gebaut als so vieles andere.
Kampire & Turkana
Als ich Turkana im Herbst zum ersten Mal sehen durfte, war in Holland fünf vor dem neuerlichem Teil-Lockdown. Bleibt zu hoffen, dass es dieses Mal nicht so weit kommt, denn ihr DJ-Set war fantastisch. Turkana ist nicht allein unter den Nyege-Nyege-Tapes-Botschafterinnen. Weil Kampire: sie ist auch da. Grosse Freude!
Elischa Heller
Seine Kanten sind aus Samt, aber seine DJ-Sets und Sounds sind auch sehr laut und schmerzhaft und verletzlich und erschütternd. Elischa Heller wird nach seinem Schluss-Set an der Kilbi 2021 gleich zweimal zu sehen sein: als DJ am Strand unten zur Eröffnung (dort, wo im Laufe des Wochenendes auch Leoni Leoni auflegen wird) und als Teil von Film 2.
DJ Fett
Nicht am Schluss, aber bis am Pfingstsonntagmorgen um 6 Uhr: DJ Fett spielt seine besten und schwersten Singles. Wer braucht da noch Kirchen?
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Die Bad Bonn Kilbi findet vom 3. bis am 5. Juni statt. Das gesamte Programm? Hierhin.
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _
splatz.space
Hier gibts noch nicht viel zu sehen, aber das Logo taucht bei den Kilbi-Medienpartnerschaften bereits auf. Jedenfalls werden Ende April auf splatz.space Interviews und anderweitige Texte zu lesen sein. Was ich jeweils geschrieben habe, wenn ich die Idee der Seite kurz umrissen habe? Rasch in die Mailbox und das hier rausfischen:
«Ich baue gemeinsam mit den zwei Grafikerinnen Meret Gschwend und Katharina Reidy eine neue Online-Plattform (splatz.space soll sie heissen). Dort sollen vor allem (deutschsprachige) Texte erscheinen, in denen Musiker:innen, Köch:innen, Autor:innen, Schreiner:innen etc. ihre Arbeitsprozesse beschreiben (bzw. einfach Leute, die ein paar Sachen ein bisschen anders machen als die meisten) – in längeren Interviews, aber auch in experimentelleren Zugängen zum Text. Vorbild ist die Website The Creative Independent minus ein paar Schippen Mindfulness. Wie das alles wird? Keine Ahnung, aber jetzt ist eine recht gute Zeit, irgendwas zu starten.»
Und: Zeichnen können Sie und Ihr dann auch. Bis dahin, und aber spätestens an der Bad Bonn Kilbi.